Göttinnen, Gräberinnen und Gelehrte Frauen

Jubi­lä­ums­ta­gung des Netz­werks archäo­lo­gisch arbei­ten­der Frau­en
16. und 17. Juni 2001

Ein Tagungsbericht

Seit zehn Jah­ren besteht ein deutsch­land­wei­tes Netz­werk archäo­lo­gisch arbei­ten­der Frau­en Es wur­de von Stu­den­tin­nen der Ur- und Früh­ge­schich­te ver­schie­de­ner Insti­tu­te (u.a. Tübin­gen, Kiel) gegrün­det, die ihre Inter­es­sen an Frau­en- und Geschlech­ter­for­schung an den deut­schen Uni­ver­si­tä­ten nicht ver­tre­ten sahen. Das Netz­werk orga­ni­siert regel­mä­ßi­gen Infor­ma­ti­ons­aus­tausch, gibt vier­tel­jähr­lich einen Rund­brief im nun­mehr 11. Jahr­gang her­aus und führt Tagun­gen durch. Ihm gehö­ren inzwi­schen rund 200 Frau­en und Insti­tu­tio­nen auch aus dem Aus­land an.
Anläss­lich der ver­flos­se­nen ereig­nis­rei­chen Jah­re für das Netz­werk – inzwi­schen sind fünf wis­sen­schaft­li­che Publi­ka­tio­nen aus Tagungs­bei­trä­gen erwach­sen – fand am 16. und I7. Juni 2001 mit Unter­stüt­zung des Zen­trum für inter­dis­zi­pli­nä­re Frau­en­for­schung und dem Lehr­stuhl für Ur- und Früh­ge­schich­te am Insti­tut für Geschichts­wis­sen­schaf­ten der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät die Jubi­lä­ums­ta­gung statt, an der über 70 Archäo­lo­gin­nen und For­sche­rin­nen benach­bar­ter Dis­zi­pli­nen teil­nah­men.

Das Tagungs­mot­to „Göt­tin­nen, Grä­be­rin­nen und gelehr­te Frau­en“ ver­deut­licht das Selbst­ver­ständ­nis der Frau­en, die dem Netz­werk ange­hö­ren, und zeigt die weib­li­che Tra­di­ti­ons­li­nie in der Archäo­lo­gie auf. Göt­tin­nen ste­hen für sicht­ba­re lden­ti­fi­ka­ti­ons­mo­del­le, gleich­zei­tig aber auch für uner­reich­ba­re Ide­al­fi­gu­ren. Mit dem Begriff Grä­be­rin­nen wird einer­seits auf das Berufs­bild der Archäo­lo­gin als Aus­grä­be­rin, ande­rer­seits aber auch auf eine geschlech­ter­kri­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on von Grab­in­hal­ten hin­ge­wie­sen. Gelehr­te Frau­en ste­hen für die For­sche­rin­nen – Frau­en aus der Anti­ke wie auch Archäo­lo­gin­nen der Neu­zeit –, in deren Tra­di­ti­on moder­ne Frau­en ste­hen. Jene Frau­en sind oft­mals Pio­nie­re gewe­sen und die­nen heu­te als Vor­bil­der.

Das anspruchs­vol­le Pro­gramm der Tagung umfass­te zwei gut besuch­te Work­shops, einen als Ein­füh­rung in die archäo­lo­gi­sche Geschlech­ter­for­schung, von Dr. Lin­da R. Owen (Tübin­gen), und den zwei­ten von Dr. Marie Loui­se Stig Soe­ren­sen (Cam­bridge) mit dem Titel „Gen­der, Archaeo­lo­gy and Mate­ria­li­ty“. Letz­te­re Hoch­schul­leh­re­rin hielt auch den öffent­li­chen Abend­vor­trag „On Gen­der Nego­tia­ti­on and its Mate­ria­li­ty“. Den Teil­neh­me­rin­nen und Besu­che­rin­nen wur­de deut­lich, dass es in der moder­nen Geschlech­ter- und Frau­en­for­schung nicht allein um die Bedeu­tung der i.d.R. „unter­be­lich­te­ten“ Frau­en in den erforsch­ten his­to­ri­schen Zusam­men­hän­gen geht, son­dern viel­mehr um Lebens­zy­klen und dar­in wech­seln­den Rol­len in Geschlecht und Alter. Vor­schnel­les „engen­de­ring“ von Fund­ob­jek­ten – wie es alter Tra­di­ti­on in den Archäo­lo­gien ent­spricht – ist dabei zu hin­ter­fra­gen. Par­al­lel zu den Work­shops wur­den Muse­ums­füh­run­gen durch­ge­führt, denen sich vor allem inter­es­sier­te Lai­en­for­sche­rin­nen anschlos­sen.

Die Vor­trä­ge und Dis­kus­sio­nen wur­den den ein­zel­nen Facet­ten des Tagungs­mot­tos gerecht: zu gelehr­ten Frau­en in der deut­schen klas­si­schen Archäo­lo­gie und ihrem beruf­li­chen Wer­de­gang (Dr. Irma Weh­gart­ner, Würz­burg), zur modern anmu­ten­den Frau­en­rol­le in der Anti­ke am Bei­spiel der Aspa­sia (PD Dr. Ruth Lind­ner, Würz­burg) und zur Kin­der­für­sor­ge durch weib­li­che und männ­li­che Ammen – Kou­ro­tro­phoi – im Spie­gel der grie­chi­schen Reli­gi­on (Prof. Dr. Eri­ka Simon, Würz­burg); ste­reo­ty­pe Vor­stel­lun­gen von Geschlech­ter­rol­len in der jün­ge­ren Alt­stein­zeit wur­den metho­den­kri­tisch beleuch­tet (Lin­da Owen) und Fund­in­ter­pre­ta­ti­on anhand von Kunst­ob­jek­ten die­ser Zeit (Elke Hei­de­frau-Christ­mann, Ham­burg) sowie an Ske­lett- und Bei­ga­be­be­fun­den am Bei­spiel der Jung­stein­zeit (Danie­la Nord­holz, Ber­lin) vor­ge­stellt. Die Hum­boldt-Uni­ver­si­tät hat sich erst­ma­lig als gute Part­ne­rin für die­se Netz­werk­ta­gung bewährt. Neben allen Orga­ni­sa­to­rin­nen und Hel­fe­rin­nen ist auch dem Club „Orbis Hum­bold­tia­nus“ zu dan­ken, der sei­ne Räu­me für das Jubi­lä­ums­fest groß­zü­gig zur Ver­fü­gung stell­te. Rund­um hat die Tagung Lust zum Wei­ter­ma­chen gemacht, wobei auch For­men der Ein­be­zie­hung männ­li­cher Kol­le­gen dis­ku­tiert wer­den.

Ruth Stru­we

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