Archäogenetik – Identifikation von intergeschlechtlichen Personen in der britischen Vergangenheit

 Autorin: Cla­ra Schal­ler, Datum: 11.02.2024

Durch eine neue Ana­ly­se­me­tho­de von aDNA konn­te ein bri­ti­sches For­scher­team meh­re­re Per­so­nen mit Aneu­plo­idi­en in bri­ti­schen Pro­ben aus der Eisen­zeit und dem Früh­mit­tel­al­ter iden­ti­fi­zie­ren. Die Metho­de ermög­licht es, Aneu­plo­idi­en von mög­li­chen Ver­un­rei­ni­gun­gen in aDNA-Pro­ben zu unter­schei­den. (1)
Aneu­plo­idi­en sind Anoma­lien im Chro­mo­so­men­satz, Abwei­chun­gen von der gewöhn­li­chen Chro­mo­so­men­zahl bei Gono­so­men oder Auto­so­men, die etwa zu Inter­ge­schlecht­lich­keit oder Tri­so­mien füh­ren kön­nen. Die Stu­die iden­ti­fi­zier­te drei Indi­vi­du­en aus je der Eisen­zeit, dem Mit­tel­al­ter und dem frü­hen 19. Jahr­hun­dert mit dem Kline­fel­ter-Syn­drom (47,XXY) sowie eine früh­mit­tel­al­ter­li­che Per­son mit dem XYY-Syn­drom (47,XYY). Eine eisen­zeit­li­che Per­son wies das Tur­ner-Syn­drom mit Mosa­ik­bil­dung auf (45,X0/46,XX) was den ältes­ten bekann­ten Fall die­ser Art dar­stellt. Die­se gene­ti­schen Anoma­lien kön­nen sich phy­sisch auf ver­schie­de­ne Aspek­te wie Sta­tur, Erkran­kungs­ri­si­ken und Ent­wick­lung aus­wir­ken, ein­schließ­lich der Fort­pflan­zung, und damit auch auf die Wahr­neh­mung etwa des Geschlechts der Per­son durch die Gesell­schaft. Dazu konn­te bei einem eisen­zeit­li­chen Neu­ge­bo­re­nen Tri­so­mie 21 (47,XY, + 21, Down-Syn­drom) nach­ge­wie­sen wer­den.
Dass Inter­ge­schlecht­lich­keit auch in der Ver­gan­gen­heit exis­tier­te, wird kaum über­ra­schen. Aller­dings kön­nen durch ihre Iden­ti­fi­ka­ti­on span­nen­de Erkennt­nis­se zum Umgang der jewei­li­gen Gesell­schaft und ihren Geschlech­ter­kon­zep­tio­nen jen­seits binä­rer Kate­go­rien gewon­nen wer­den. So konn­te in die­ser Stu­die nach­ge­wie­sen wer­den, dass in fast allen Fäl­len inter­ge­schlecht­li­che Per­so­nen regel­haft und nicht abwei­chend vom Rest der Bevöl­ke­rung bestat­tet wur­den. Auf­grund des Feh­lens von Grab­bei­ga­ben kann nichts über die Wahr­neh­mung des Geschlechts durch das Indi­vi­du­um selbst oder die Gesell­schaft aus­ge­sagt wer­den, die Autor*innen füh­ren aber eine Bestat­tung aus Finn­land an, bei der einer früh­mit­tel­al­ter­li­chen Per­son wohl mit Kline­fel­ter-Syn­drom weib­lich und männ­lich kon­no­tier­te Grab­bei­ga­ben bei­gege­ben wur­den.
Auch über die Wahr­neh­mung von Men­schen mit chro­mo­so­ma­len Abwei­chun­gen wie Tri­so­mie 21 kann uns eine Unter­su­chung von gene­ti­schem Mate­ri­al unter die­sem Gesichts­punkt viel ver­ra­ten. Es bleibt zu hof­fen, dass in Zukunft mehr Mate­ri­al mit neu­en Metho­den unter­sucht wird, die uns mehr über das Leben von Men­schen mit Aneu­plo­idi­en in der Ver­gan­gen­heit ver­ra­ten.

Der Arti­kel mit den Ergeb­nis­sen wur­de bei com­mu­ni­ca­ti­ons bio­lo­gy ver­öf­fent­licht:
(1) Ana­sta­sia­dou, K., Sil­va, M., Booth, T. et al. Detec­tion of chro­mo­so­mal aneu­plo­idy in anci­ent geno­mes. Com­mun Biol 7, 14 (2024).
https://doi.org/10.1038/s42003-023–05642‑z
https://www.nature.com/articles/s42003-023–05642‑z

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