Situation archäologisch arbeitender Frauen, August 2020
Autorin: FemArc-Redaktion, Datum: 09.09.2020
Seit der letzten Umfrage zur Situation archäologisch arbeitender Frauen im Mai 2020 wurden einige der Maßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung von Covid-19 zurückgenommen: Die Kontaktbeschränkungen wurden gelockert, Besuche in Krankenhäuern und Pflegeheimen sind z.T. wieder möglich, und nach den Sommerferien öffnen die Schulen von Bundesland zu Bundesland nun langsam auch wieder für alle Kinder und Jugendlichen in einem angepassten Regelbetrieb.
An den Universitäten wurde inzwischen die präsenzfreie Vorlesungszeit des Sommersemesters beendet, und erste Veranstaltungen und Prüfungen finden dort auch wieder in Präsenz statt – mit entsprechenden Hygienekonzepten und in Räumlichkeiten, die groß genug sind, um ausreichend Abstand halten zu können. Der Ausblick auf das Wintersemester zeigt jedoch, dass die akademische Lehre schon aus praktischen Gründen in großen Teilen digital bleiben wird bzw. bleiben muss. Auch Museen sind inzwischen wieder geöffnet; viele digitale Angebote sind aber auch geblieben oder werden noch weiter ausgebaut.
Im Spätsommer und Herbst finden traditionell einige der großen archäologischen Tagungen statt. In diesem Jahr werden einige von ihnen erstmals rein digital bzw. virtuell abgehalten werden. Was bedeutet das für archäologisch arbeitende Frauen? Können nun mehr Archäologinnen an den Tagungen teilnehmen, dort mitdiskutieren, sich vernetzen und insgesamt sichtbarer werden, da sich eine virtuelle Tagung, die aus dem „home office“ besucht werden kann, einfacher mit all den anderen Verpflichtungen des Alltags zu vereinbaren ist?
Um diese Veränderungen und die Auswirkungen auf die Mitfrauen zu dokumentieren, haben wir über die FemArc-Mailingliste darum gebeten, auf einer virtuellen Pinnwand auf Flinga.fi Kommentare zur aktuellen Situation zu hinterlassen. Insgesamt sind hier 10 Kommentare eingegangen: Diese können im verlinkten Screenshot auf der Pinnwand eingesehen werden. Zur besseren Lesbarkeit sind diese im Folgenden aber auch noch einmal abgetippt. Insgesamt zeigt sich in den Antworten eine große Bandbreite: Während sich die Situation für einige Mitfrauen verbessert hat, kämpfen andere mit einem schleichenden Ausscheiden aus der Archäologie.
„Für mich war es toll; ohnehin arbeite ich seit Jahren online von einem anderen Kontinent aus; und jetzt hatte ich endlich Kontakt zu vielen und interessanten Leuten, die auch aufs Internet angewiesen waren. Außerdem habe ich den Zwang, ständig Leute besuchen zu müssen, überhaupt nicht vermisst und endlich einmal richtig aufräumen können – naja, dazu bräuchte ich noch ein Jahr …“
„Wegen Corona-Fördermittel wurde mein Halbtagsvertrag für ein paar Monate auf 100% aufgestockt für ein Digitaisierungsprojekt in einem Museum.“
„Die Bibliotheken sind wieder partiell geöffnet!! mit wenigen Leseplätzen, das bedeutet viel scannen statt direkt in der Bibliothek arbeiten, was zusätzliche Arbeit und höheren Stundenaufwand bedeutet.“
„Die akademische Lehre im digitalen Sommersemester war in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung; es scheint mir aber, nach Rückmeldung der Studierenden, gut gelungen zu sein. Es ist aber frustrierend, in den Medien zu lesen, dass digitale Lehre keine richtige Lehre ist und dass das Sommersemester nur billiger Ersatz für das wahre Studium ist – was immer das genau sein soll. Ich habe bislang mit Studierenden selten so intensiv diskutiert wie in unseren Videokonferenzen, wo sich am Ende einer Sitzung in der Regel alle zu Wort gemeldet hatten und nicht nur die wenigen, immer gleichen, die im Seminarraum sonst den Ton angeben.“
„Im Gegensatz zu den Präsenztagungen, für die ich ohne Kinder anreise und eine Betreuung arrangiere, wird es bei virtuellen Veranstaltungen schwieriger, sich zu fokussieren und längere Zeit teilzunehmen …“
„Mir fehlt der persönliche Kontakt zu Kolleg*innen. Das kann man auch nur bedingt durch Videotelefonie ausgleichen.“
„Die Kontakte reduzieren sich auf die unmittelbaren Kolleginnen*. Zufällige und neue Begegnungen sind derzeit nicht möglich.“
„Das Berufsleben geht in größeren Teilen wieder seinen normalen Gang, was eine große Erleichterung darstellt. Die unkomplizierten gemeinsamen Pausen mit den Kolleg*innen, die menschlich wie für den Austausch wichtig waren, fehlen aber weiterhin. Die Arbeit mit Freiwilligen liegt total auf Eis, ob die irgendwann später wiederkommen? Bei jeder Dienstreise mit den Öffentlichen habe ich ein ungutes Gefühl. Zugleich vermisse ich die kleinen und großen Tagungen, die nun schon seit Mitte März ausfallen. Und Video-Termine fühlen sich für mich weiterhin seltsam, anstrengend und unecht an.“
„Nach einem Video-Kontakte-Hype im Frühjahr reduzieren sich im Sommerloch deutlich wieder die Anrufe. Jede arbeitet isoliert.“
„Ich habe das Gefühl, dass die letzten Monate für mich den schleichenden Ausstieg aus dem Fach bedeuten: keine so wichtigen persönlichen Kontakte, kein Bibliothekszugang, plötzlicher Verlust der freien Mitarbeit am Museum. Drei Monate Kita-Schließung / drei Monate Vollzeit Kinderbetreuung (und das nötige Arbeiten von 22 Uhr bis 1:30 Uhr). Das bedauere ich sehr. Andererseits: spontan neue Auftragszusagen in anderem Bereich und endlich wieder Kinderbetreuung: Lichtblicke! Vielleicht geht es ja doch irgendwie weiter? Nur die Diss … Es ist schwierig, nach so langer Pause wieder reinzukommen.“

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