Inhalt
Nur kleine Ausschnitte des vorgeschichtlichen Lebens lassen sich archäologisch erforschen. Deshalb sind für Bilder vorgeschichtlicher Menschen und ihres Lebens immer Ergänzungen und Mutmaßungen notwendig. Sie sind stets subjektiv und gehen auf mehr oder weniger bewusste Vorannahmen über das Leben in der Vorgeschichte zurück. Sie prägen so, mehr als dies den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bewusst ist, die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in Bilder. So wird aus Science schnell Fiction. Gerade die Vorstellungen über die Geschlechterrollen sind auch im 21. Jahrhundert immer noch im Bürgertum des 19. Jahrhunderts verhaftet.
Das Buch spannt den Bogen der vorgestellten Lebensbilder, ob Bild oder Text, von wissenschaftlichen Publikationen über Darstellungen in Museen und Schulbüchern bis zu populären Medien wie historischen Romanen und Kinofilmen. Ein einleitender Beitrag geht der Frage nach, wie sich imLauf der Jahrhunderte innerhalb der abendländischen Philosophie das Konzept von Geschlecht verändert hat. Die behandelten Lebensbilder zeigen Alltagsszenen von der Altsteinzeit bis in die Römerzeit. Mit dem >Lebensbild einer Archäologin< endet der zeitliche Bogen im 20. Jahrhundert.
>Science oder Fiction? Geschlechterrollen in archäologischen Lebensbildern< ist die Publikation der Vorträge, die auf der 2. Sitzung der AG Geschlechterforschung während des 5. Deutschen Archäologen-Kongresses in Frankfurt (Oder) 2005 unter dem Titel >Lebensbilder – Phantonbilder< gehalten worden sind, einschließlich zweier zusätzlicher Beiträge.
Mit Beiträgen von Katja Allinger, Corinna Endlich, Silke Gyadu, Uta Halle, Marion Kanczok, Jutta Leskovar, Almut Mainka-Mehling, Matthias Recke, Gisela Schulte-Dornberg, Miriam Sénécheau.
Pressestimmen
„Die Kritik an dem unzeitgemäßen Gedankengut des bürgerlichen 19. Jahrhunderts und den damit vermittelten Normen und Werten, die sich in den vorgestellten Lebensbildern finden, ist zweifellos berechtigt, denn diese Interpretationen tragen dazu bei, Rollenklischees und traditionelle Entwürfe von Männlichkeit und Weiblichkeit zu legitimieren. Die Autor/-innen rufen daher einstimmig zu größerer Sorgfalt bei der Quellenkritik und zu überlegtem und verantwortungsbewusstem Umgang mit den Materialien auf. Sie betonen die Notwendigkeit einer differenzierten Herangehensweise mit der Möglichkeit einer Vielzahl alternativer Deutungsmuster und Erklärungsansätze.
Die Artikel sind sorgfältig recherchiert, interessant und informativ und zeichnen sich durch eine klare und verständliche Sprache aus. Das Buch ist äußerst lesenswert und gewinnt durch seine sinnvolle Gliederung und den vielseitigen Umgang mit der Thematik. Die unterschiedlichen Inhalte und methodischen Herangehensweisen eröffnen aufschlussreiche Perspektiven und regen zum Nachdenken an. Dadurch ist der Band sehr gut geeignet, auch eine fachfremde Leserschaft in diese aktuelle Thematik einzuführen, und ist allen an Genderfragen interessierten Personen zu empfehlen.“
Friederike Schneider in Querelles-Net 24/März 2008. www.querelles-net.de/2008–24/text24schneider_fries_et_al.shtml
„Der Band wird insgesamt durch eine Kritik an den tradierten Geschlechterrollen geprägt, die zwar nicht mehr unserer heutigen sozialen Wirklichkeit entsprechen, aber dennoch weiterhin vermittelt werden. … Seit der Aufklärung erfahren gesellschaftliche Differenzierungsprozesse ihre Legitimation zunehmend über wissenschaftlich generierte Leitbilder. In dieser Hinsicht kommen solchen Publikationen, wie sie hier vorgelegt wird, eine besondere Bedeutung zu, da sie die Frage nach der gesellschaftlichen Wirkfähigkeit und indirekt auch nach der Verantwortung archäologischer Forschung stellen. Diese Fragestellung beinhaltet im Gegenzug eine direkt damit verbundene Problemstellung, die diesen Band ebenfalls dominiert: Die unbewusste oder bewusste Beugung von Befunden und Funden zu Gunsten eigener lebensweltlicher Vorstellungen.“
Ulf Ickerodt in Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 78, 2009, S. 228–230.
„Die Vielfalt der Lebensbilder, wie sie in diesem Band schön präsentiert wird, verlangt nach einem interdisziplinären Forschungsansatz, wie er hier in Ansätzen zu finden ist.“
Konstanze Weltersbach in Rosa, Die Zeitschrift für Geschlechterforschung 35, September 2007.
„Die im Buch deutlich von feministischer Seite inspirierte Kritik hat inzwischen in hohem Maße in den Mainstream archäologischer Theorie Einzug gehalten. Dennoch ist es anregend, gängige Genderinterpretationen und ‑darstellungen gegen den Strich gebürstet zu sehen, und das Buch bietet eine gute Gelegenheit, die eigenen Ansichten und Seh- und Denkgewohnheiten kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren. Insofern ist zu wünschen, dass es einen möglichst breiten archäologischen und nicht-archäologischen LeserInnenkreis erreicht.“
Nils Müller-Scheeßel in Rundbrief Theorie AG 6/2/2007.
Jana Esther Fries, Ulrike Rambuscheck,
Gisela Schulte-Dornberg (Hrsg.)
Science oder Fiction?
Geschlechterrollen in archäologischen Lebensbildern
2. Sitzung der AG Geschlechterforschung
Tagung Frankfurt (Oder) 2005
Frauen – Forschung – Archäologie 7
Waxmann Verlag Münster 2007
ISBN 978–3‑8309- 1749–6, 235 S., Paperback
nur noch antiquarisch erhältlich