2025: Rezension David Safier: Aufgetaut

2025: Rezension David Safier: Aufgetaut

Rezension zu David Savier, Aufgetaut

oder: Warum die Steinzeitfrau Urga feministische Archäologie braucht

Oli­via Stüs­si, 21.02.2025

Beim Stö­bern in der Bücher­ecke des loka­len Second­hand Ladens, fällt mir das Buch „Auf­ge­taut“ von David Safier in die Hän­de. Der Buch­rü­cken infor­miert: „Über drei­und­drei­ßig­tau­send Jah­re war Urga zusam­men mit einem Baby-Mam­mut in einem Eis­block ein­ge­fro­ren, doch dank der Erd­er­wär­mung tau­en sie wie­der auf. Nach einem ers­ten Blick auf die moder­ne Mensch­heit wür­de die Stein­zeit­frau am liebs­ten gleich wie­der zurück ins Eis gehen. Aber Urga ist eine Kämp­fe­rin: Bevor sie auf­gibt, will sie her­aus­fin­den, ob man in die­ser höchst selt­sa­men Welt das Glück fin­den kann. Ihre Irr­fahrt führt sie von der Ark­tis über Indi­en bis nach Ita­li­en. Wird Urga das Geheim­nis des Glücks fin­den? Für sich? Für das klei­ne Mam­mut?“ Klingt span­nend, den­ke ich mir. Außer­dem fand ich den Roman „Mie­ses Kar­ma“ des sel­ben Autoren lus­tig, kurz­wei­lig in der Lek­tü­re und ange­nehm zu lesen. Ent­spre­chend gespannt war ich auf die Lek­tü­re, gera­de weil femi­nis­ti­sche The­men in der Archäo­lo­gie zu mei­nen Haupt­in­ter­es­sen gehö­ren.

Der Roman ver­sucht nicht, prä-his­to­ri­sche Rea­li­tä­ten abzu­bil­den, son­dern fokus­siert sich humor­voll auf die lie­be­voll kon­stru­ier­ten Cha­rak­te­re und deren Suche quer durch die Welt nach dem wah­ren Glück. Ohne jedoch hier groß auf den wei­te­ren Inhalt und Ver­lauf der Geschich­te ein­zu­ge­hen, möch­te ich an die­ser Stel­le auf­zei­gen, wes­halb es die For­schungs- und Auf­klä­rungs­ar­beit von Femi­nis­ti­scher Archäolog*innen braucht und wes­halb sie so wich­tig ist.

Denn in der Dar­stel­lung der Stein­zeit­frau Urga kom­men eini­ge Rol­len­kli­schees zum Vor­schein. So ste­hen da Sät­ze wie: „Urga woll­te den kräf­tigs­ten Krie­ger zu ihrem Mann machen“ und „Urga wuss­te natür­lich, wie toll­kühn ihr Unter­fan­gen war: nor­ma­ler­wei­se nah­men sich die Män­ner die Weib­chen.“. Oder mein per­sön­li­ches High­light: „… die bes­ten Jäger [kom­men] nach dem Tod zum gro­ßen Gott Grand­ning in eine wun­der­schö­ne war­me Höh­le , in der es für sie Mam­mut­fleisch in Hül­le und Fül­le gab und ihnen die schöns­ten Frau­en wil­lig zu Diens­ten waren. Die unge­hor­sa­men Frau­en hin­ge­gen kämen nach dem Tod zur Göt­tin Brund in eine kar­ge Höh­le und müss­ten sich dort von Fuss­na­gel­brei ernäh­ren.“

Doch Urga wider­setzt sich den urzeit­li­chen patri­ar­cha­len Struk­tu­ren: sie will jagen gehen, was den Stam­mes­äl­tes­ten (logi­scher­wei­se männ­lich) ent­setzt: “Ein … ein Weib­chen … auf Jagd? Der Stam­mes­äl­tes­te griff sich an die Brust. […] Doch nie­mand moch­te ihr [Urga] wider­spre­chen. Ihr Vor­satz war unge­heu­er­lich, gera­de­zu unvor­stell­bar“. Wohl­ge­merkt will Urga pri­mär jagen gehen, um ihrem Ange­be­te­ten zu bewei­sen, dass sie des­sen Lie­be mehr als wür­dig, aber auch weil sie der Über­zeu­gung ist, dass nicht nur Män­ner die­ses Pri­vi­leg besit­zen soll­ten. Wobei dies gewis­ser­mas­sen auch als femi­nis­tisch ange­se­hen wer­den kann. Doch pri­mär geht es für sie auch noch als in der Neu­zeit Auf­ge­tau­te um die Suche nach dem Glück, was in Form von Lie­be zu einem Mann dar­ge­stellt wird.

Das Erschre­cken­de war für mich gewis­ser­mas­sen die Erkennt­nis, dass sich die­se Stein­zeit-Rol­len­kli­schees von jagen­den Män­nern und Frau­en in der Höh­le (hier syn­onym für Heim und Herd) und auf der Suche nach Lie­be noch immer so hart­nä­ckig hal­ten. Sie fin­den in zeit­ge­nös­sisch-humo­ris­ti­schen Roma­nen völ­lig unhin­ter­fragt Ein­gang und wer­den dadurch immer wei­ter repro­du­ziert. Und dies, obwohl wir es doch inzwi­schen bes­ser wis­sen. Es gibt genü­gend For­schungs­ar­bei­ten – nicht nur von Mit­frau­en von Fem­Arc, son­dern von vie­len ande­ren auf der gan­zen Welt, wel­che auf­zei­gen, dass unse­re Vor­stel­lun­gen von Rol­len und Gen­der sozi­al kon­stru­iert sind. Dass das kon­ser­va­ti­ve im 18. Jahr­hun­dert gepräg­te Bild der Stein­zeit­men­schen im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes der Ver­gan­gen­heit ange­hört und nicht der­art pau­schal und kli­schee­haft in den Köp­fen der Men­schen wei­ter­le­ben soll­te. Es braucht Ver­än­de­rung und es braucht Men­schen, die dar­an mit­wir­ken und so hof­fent­lich ein neu­es akku­ra­te­res Bild von Geschlech­ter­rol­len schaf­fen. 

David Safier, Auf­ge­taut. Rowohlt Ver­lag, 2021

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Wien 2025: Einladung zur FemArc Mitfrauenversammlung

Wien 2025: Einladung zur FemArc Mitfrauenversammlung

Einladung zur Mitfrauenversammlung 2025 des Vereins FemArc – Netzwerk archäologisch arbeitender Frauen e.V.

11.02.2025

Lie­be Mit­frau­en,

die Vor­stands­frau­en laden herz­lich zur nächs­ten Mit­frau­en­ver­samm­lung in Wien ein am

Sonn­tag, 16. März 2025 von 10.00 bis 13.00 Uhr

Öster­rei­chi­sches Archäo­lo­gi­sches Insti­tut der ÖAW (Öster­rei­chi­sche Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten),
Domi­ni­ka­ner­bas­tei 16, Ein­gang über Georg-Coch-Platz 2,
Vor­trags­saal 5. Stock, 1010 Wien

Mit freund­li­chen Grü­ßen
Julia K. Koch, Susan­ne Moraw, Ulri­ke Ram­bu­scheck und Cla­ra Schal­ler

Die voll­stän­di­ge Tages­ord­nung kann hier her­un­ter­ge­la­den wer­den.

Orga­ni­sa­to­ri­sches zur Mit­frau­en­ver­samm­lung

Die Mit­frau­en­ver­samm­lung wird auch als hybri­de Ver­an­stal­tung ange­bo­ten.

Anmel­dung bit­te bis zum 28.02.2025 an Kers­tin Kowa­rik unter Kerstin.kowarik@oeaw.ac.at mit der Anga­be, ob in Prä­senz oder online dar­an teil­ge­nom­men wird.

Die Anrei­se kann ab dem 14.03.2025 erfol­gen. Frei­tag- und Sams­tag­abend sind Restau­rant­be­su­che geplant.

Gäs­tin­nen sind herz­lich will­kom­men, zu den Abend­essen am Frei­tag und Sams­tag dazu­zu­kom­men und an der Mit­frau­en­ver­samm­lung am Sonn­tag teil­zu­neh­men.

 

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London 2025: Ausstellung Medieval Women in der British Library

London 2025: Ausstellung Medieval Women in der British Library

“Medieval Women: In Their Own Words” -

Ausstellung in der British Library in London bis zum 2. März 2025

Hin­weis von Sibyl­le Käst­ner, 11.02.2025

Noch bis zum 2. März 2025 ist in der Bri­tish Libra­ry in Lon­don die Aus­stel­lung “Medieval Women: In Their Own Words” zu sehen. Sie stellt Frau­en aus dem mit­tel­al­ter­li­chen Euro­pa in deren eige­nen Wor­ten, Visio­nen und Erfah­run­gen vor. Die zuge­hö­ri­ge Web­site ver­mit­telt einen Ein­druck über die High­lights der Aus­stel­lung sowie in einem ani­mier­ten Kurz­film bei­spiel­haf­te Lebens­läu­fe von Frau­en wie Chris­ti­ne de Pizan, Jean­ne d’Arc und ande­ren. Auf der Web­site sind über ein Blog auch digi­ta­li­sier­te Manu­scrip­te digi­tal zugäng­lich. Wer es nicht zur Aus­stel­lung in Lon­don schafft, fin­det also auch auf der Web­site zahl­rei­che Infor­ma­tio­nen, Tex­te und Bil­der: https://www.bl.uk/whats-on/medieval-women/

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2025: Matrilokalität bei Keltischen Frauen durch Genanalysen nachgewiesen

2025: Matrilokalität bei Keltischen Frauen durch Genanalysen nachgewiesen

Matrilokalität bei dem Keltischen Stamm der Durotriges durch Genanalyse nachgewiesen

09.02.2025, Bei­trag von Oli­via Stu­es­si

Gene­ti­sche Ana­ly­sen zu einem eisen­zeit­li­chen Grä­ber­feld in Dor­set Eng­land, bei dem die Daten von 55 Indi­vi­du­en erho­ben wer­den konn­ten, zei­gen span­nen­de neue Ein­sich­ten. Schrift­li­che Quel­len Anti­ker Autoren wie­sen bereits dar­auf hin, dass Kel­ti­sche Frau­en Erbin­nen von Eigen­tum waren, sich schei­den las­sen und eben­so wie Män­ner Armeen anfüh­ren konn­ten. Berühm­te Bei­spie­le dafür wären Bou­di­ca, Köni­gin der Ice­ner und Cart­iman­dua.
Die DNA-Ana­ly­sen ergän­zen nun die­ses Bild, denn dar­aus geht her­vor, dass die bestat­te­ten Frau­en sta­tio­när am Ort blie­ben und mit­ein­an­der ver­wandt waren, wäh­rend die männ­li­chen Indi­vi­du­en einen grö­ße­ren und frem­den Gen­pool auf­wie­sen, somit also mobil waren. Zu die­sem Schluss kom­men ein For­scher­team um die Gene­ti­ke­rin Lara Cass­idy von der Uni­ver­si­tät Dub­lin und den Archäo­lo­gen Miles Rus­sel von der Uni­ver­si­tät Bour­ne­mouth. 

Quel­le: Nach­zu­le­sen im NZZ Arti­kel vom 30.01.2025 “Den Frau­en gehör­te das Land: vor 2000 Jah­ren war in Bri­tan­ni­en die müt­ter­li­che Linie ent­schei­dend” geschrie­ben von Esther Wid­man unter 

https://www.nzz.ch/wissenschaft/matrilokalitaet-bei-den-kelten-in-britannien-gehoerte-das-land-den-frauen-ld.1866280123

oder im Ori­gi­nal

Cass­idy, L.M., Rus­sell, M., Smith, M. et al. Con­ti­nen­tal influx and per­va­si­ve matri­lo­ca­li­ty in Iron Age Bri­tain. Natu­re 637, 1136–1142 (2025). https://doi.org/10.1038/s41586-024–08409‑6
unter fol­gen­dem Link les­bar:
https://www.nature.com/articles/s41586-024–08409‑6

 

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2025: Literatur Diaz-Andreu

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Aktuelle Literaturhinweise

Díaz-And­reu, Mar­ga­ri­ta and Pope, Rachel. (2024) The Histo­ry of Gen­der Archaeo­lo­gy In Mar­ga­ri­ta Díaz-And­reu and Lau­ra Colt­ofe­an (eds.) The Oxford Hand­book of the Histo­ry of Archaeo­lo­gy, 371–401. Oxford, Oxford Uni­ver­si­ty Press.

Díaz-And­reu, Mar­ga­ri­ta. (2025) The Matil­da Effect in archaeo­lo­gy. Reco­ve­ring women for the histo­ry of the disci­pli­ne In Mari­an­ne Moen and Unn Peder­sen (eds.) Rout­ledge Hand­book of Gen­der Archaeo­lo­gy, 126–145. Lon­don, Rout­ledge. 10.4324/9781003257530–12.

Mar­ga­ri­ta Díaz-And­reu, Lau­ra Fernán­dez Mací­as, Nee­mi­as San­tos da Rosa. (2023) From Graceful and Femi­ni­ne to Silen­ced: The Stu­dy of Fema­le Repre­sen­ta­ti­ons in Levan­ti­ne Rock Art. De gra­ci­les et fémi­ni­nes à muet­tes : l’étude des repré­sen­ta­ti­ons fémi­ni­nes dans l’art levan­tin. In: Hia­tus, lacu­nes et absen­ces : iden­ti­fier et inter­pré­ter les vides archéo­lo­gi­ques, Actes du 29e Con­grès pré­his­to­ri­que de France, 31 mai‑4 juin 2021, Tou­lou­se, Ses­si­on Où sont les femmes ? Archéo­lo­gie du gen­re dans la Pré­his­toire et la Pro­to­his­toire : la France à l’écart des gen­der stu­dies ?, Socié­té pré­his­to­ri­que fran­çai­se,
pp.63–80, 2024. ￿hal-04648488

https://www.prehistoire.org/515_p_58172/cpf29_sessoin_augereau.html

 

 

 

 

 

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