2025: Rezension Karin Bojs: Die Mütter Europas – Die letzten 43.000 Jahre

2025: Rezension Karin Bojs: Die Mütter Europas – Die letzten 43.000 Jahre

Rezension Karin Bojs: Mütter Europas – Die letzten 43 000 Jahre

Oli­via Stüs­si, 21.02.2025

Karin Bojs: Müt­ter Euro­pas – Die letz­ten 43.000 Jah­re. C.H. Beck Ver­lag, 2024

Die schwe­di­sche Wis­sen­schafts­jour­na­lis­tin Karin Bojs war bis 2013 Lei­te­rin der Wis­sen­schafts­re­dak­ti­on der schwe­di­schen Tages­zei­tung Dagens Nyhe­ter, schreibt jedoch wei­ter Kolum­nen für die­se Zei­tung. Sie erhielt die Ehren­dok­tor­wür­de der Uni­ver­si­tät Stock­holm und wur­de für ihre Arbei­ten mehr­fach aus­ge­zeich­net. Zuvor erschien von Karin Bojs „Mei­ne Euro­päi­sche Fami­lie. Die letz­ten 54 000 Jah­re“. Dar­in begibt sie sich mit­tels DNA-For­schung auf die Suche nach der eige­nen Fami­li­en­ge­schich­te. In ihrem neu­es­ten Werk «Müt­ter Euro­pas. Die letz­ten 43 000 Jah­re» –  2024 im C.H.Beck Ver­lag auf Deutsch erschie­nen – befasst sie sich erneut inten­siv mit DNA-Ana­ly­sen und was dadurch über die Lebens­wei­se der Frau­en und die Geschlech­ter­ver­hält­nis­se all­ge­mein her­ge­lei­tet und rekon­stru­iert wer­den kann.

Der Auf­bau der Kapi­tel ist chro­no­lo­gisch geglie­dert und beginnt mit einem Kapi­tel zur soge­nann­ten „Venus von Wil­len­dorf“ (1) – also ca. 30 000 vor Chris­tus – und endet mit der Erläu­te­rung ver­schie­de­ner Publi­ka­tio­nen zur Rol­le von Frau­en in der Wikin­ger­zeit. Dabei setzt sie sich inhalt­lich nicht pri­mär mit „Müt­tern“ aus­ein­an­der, son­dern beginnt jedes Kapi­tel mit einer all­ge­mei­nen Über­sicht zu unter­schied­li­chen archäo­lo­gi­schen und wis­sen­schaft­li­chen Debat­ten über den euro­päi­schen Kon­ti­nent, wobei sie immer wie­der ver­schie­de­ne Per­spek­ti­ven ein­an­der kri­tisch gegen­über­stellt. Die geo­gra­phi­schen Aus­flü­ge nach Afri­ka, Ame­ri­ka und den Nahen Osten kom­ple­men­tie­ren und unter­stüt­zen das Gesamt­bild und ermög­li­chen es die dar­auf fol­gen­den frau­en­spe­zi­fi­schen Infor­ma­tio­nen in einen glo­ba­len his­to­ri­schen Kon­text ein­zu­bet­ten. Dabei ver­knüpft Bojs die­se Infor­ma­tio­nen gekonnt mit der The­ma­tik der Migra­ti­on. Dies macht die Lek­tü­re ange­nehm infor­ma­tiv, gut ver­ständ­lich und damit auch nie­der­schwel­lig. Es bil­det einen guten Über­blick und einen ein­fa­chen Ein­stieg in die The­ma­tik von DNA-Ana­ly­sen, Geschlech­ter­rol­len und Frau­en in archäo­lo­gi­schen Dis­kur­sen. So setzt sich Bojs mit der Debat­te über die Anwend­bar­keit des Drei­pe­ri­oden­sys­tems – der klas­si­schen Ein­tei­lung in Stein- Bron­ze- und Eisen­zeit –  kri­tisch aus­ein­an­der, por­trä­tiert ver­schie­de­ne Frauen(-Figuren), wie die „Venus von Wil­len­dorf“,  Lucy,  die rote Dame von El Mirón, das soge­nann­te Kau­gum­mi­mäd­chen oder das Tyb­rind-Vig-Mäd­chen. Dabei setzt sie die­se in den dazu­ge­hö­ri­gen geo­gra­phisch-archäo­lo­gi­schen Fund­kom­plex.

„Nach mei­ner Auf­fas­sung ist es wich­tig, von der Geschich­te zu ler­nen, alle Tech­ni­ken, die es gibt, anzu­wen­den und auf Fak­ten basie­ren­de Schluss­fol­ge­run­gen zu zie­hen. Jetzt haben wir neue Tech­nik, unter ande­rem DNA, aber auch Iso­to­pe, Son­nen­stür­me, GPS, 3D-Mikro­sko­pe und vie­les ande­re. Dank sol­cher Tech­nik und auch lin­gu­is­ti­schen oder geis­tes­wis­sen­schaft­li­cher For­schung haben die Wis­sen­schaft­ler ganz ande­re Mög­lich­kei­ten zu unter­su­chen, wie es wirk­lich war mit den Geschlech­ter­rol­len und den unter­schied­li­chen Migra­ti­ons­mus­tern von Män­nern und Frau­en.“ (Bojs 2024, S. 227)

Inter­es­sant in ihrer Aus­ein­an­der­set­zung war ihre häu­fi­ge Bezug­nah­me auf Mari­ja Gim­bu­tas’ Theo­rien, ins­be­son­de­re, weil Gim­bu­tas als Archäo­lo­gin nicht ernst genom­men wird und eine ernst­zu­neh­men­de Bezug­nah­me auf ihre Arbeit im aka­de­mi­schen Umfeld nicht als emp­feh­lens­wert gilt. Dabei wird  ihre Kur­g­an­hy­po­the­se durch neue­re DNA Ana­ly­sen nun teil­wei­se gestützt.  Sogar Colin Ren­frew  – zeit­le­bens ihr gröss­ter Kri­ti­ker – ent­schul­dig­te sich öffent­lich mit den Wor­ten bei Gim­bu­tas : „Cer­tain­ly I was wrong.“ (2)

Dabei ist es Bojs anzu­rech­nen, dass sie sich durch­aus kri­tisch mit Gim­bu­tas’ Theo­rien aus­ein­an­der­setzt. In ihrem Nach­wort schreibt sie: „Mari­ja Gim­bu­tas zog Schluss­fol­ge­run­gen, wie sich die Geschlech­ter­rol­len in ver­schie­de­nen Epo­chen ver­än­dert haben. Viel­fach lag sie rich­tig, wie neue DNA-For­schun­gen bestä­ti­gen. Jeden­falls rich­ti­ger als ihre (männ­li­chen) Arbeits­kol­le­gen und Zeit­ge­nos­sen. Aber sie irr­te sich auch. Sie wur­de von einer roman­ti­schen Auf­fas­sung getrie­ben, wonach ein­drin­gen­de Indo­eu­ro­pä­er ganz für das Böse, Krie­ge­ri­sche und Patri­ar­cha­li­sche stan­den, wäh­rend die Bau­ern­be­völ­ke­rung „Alt­eu­ro­pas“ fried­lich und mit einem eher weib­li­chen Fokus gelebt habe. So ein­fach war es nicht, nach allem, was wir heu­te wis­sen.“ ( Bojs 2024, S. 226)

Der Ver­such 42 000 Jah­re Mensch­heits­ge­schich­te über meh­re­re Kon­ti­nen­te hin­weg auf 227 Sei­ten unter­zu­brin­gen, führt jedoch auch zu sprach­li­chen und inhalt­li­chen Ver­all­ge­mei­ne­run­gen, wel­che teil­wei­se ein fal­sches Bild zeich­nen. So wird durch­wegs von den Aurigna­ci­ern, den Solut­re­ni­ern, den Schnur­ke­ra­mi­kern oder Kel­ten gespro­chen, was für alle genann­ten und gera­de für letz­te­re Grup­pe eine fal­sche und unprä­zi­se Fremd­be­zeich­nung für in Wahr­heit sehr vie­le klei­ne Volks­grup­pen ist. Auch kommt es vor, dass Daten und Ana­ly­sen sti­lis­tisch zu Wahr­hei­ten ver­all­ge­mei­nert wer­den. So bleibt es teil­wei­se nicht beim rei­nen Auf­zäh­len von Fak­ten, son­dern es wird eine pas­sen­de Inter­pre­ta­ti­on hin­zu­ge­fügt, die so eigent­lich im Kon­junk­tiv ste­hen müss­te.

So schreibt sie „ Andrew Sher­rat hat auch recht damit, dass das Pflü­gen mit Och­sen in allen bekann­ten Land­wirt­schafts­kul­tu­ren ein Job für Män­ner war. Es ist phy­sisch schwer, und die Frau­en konn­ten neben­her nicht noch auf ihre klei­nen Kin­der auf­pas­sen. Typi­sche Frau­en­be­schäf­ti­gun­gen in tra­di­tio­nel­len Land­wirt­schafts­ge­sell­schaf­ten wie Korn mah­len, Backen, die Her­stel­lung von Kera­mik und Tex­ti­li­en sowie das Bewirt­schaf­ten eines klei­nen Fel­des mit Hand­werk­zeu­gen las­sen sich bes­ser mit dem Stil­len und der Betreu­ung von Klein­kin­dern kom­bi­nie­ren. Dass das Joch, das Rad und der Pflug Män­nern mehr Macht auf Kos­ten der Frau­en gege­ben hat, ist des­halb eine logi­sche Schluss­fol­ge­rung; die Hypo­the­se mag also rich­tig sein. Aber noch gibt es kei­ne direk­ten Hin­wei­se dafür.“ (Bojs 2024, S. 140)

Es ist kei­nes­wegs eine „logi­sche Schluss­fol­ge­rung“, dass mit den von Bojs als typisch männ­li­chen beschrie­be­nen Arbei­ten Macht auf Kos­ten von Frau­en aus­ge­übt wird. Die kör­per­li­che Kraft mit Macht­aus­übung gleich­zu­set­zen, ist eine gesell­schaft­lich kon­stru­ier­te Denk­wei­se, die von unse­rem heu­ti­gen Zeit­geist, der von Kri­sen, Krie­gen und gewalt­tä­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen geprägt ist, bestimmt wird und stark mit Macht­aus­übung über ande­re und deren Unter­drü­ckung zusam­men­hängt. So sind wir es gewohnt, kör­per­li­che Kraft mit Macht oder Stär­ke und weib­lich kon­no­tier­te Tätig­kei­ten mit Schwä­che zu asso­zi­ie­ren und damit das eine auf- bzw. das ande­re abzu­wer­ten. Doch wir kön­nen nicht wis­sen, ob dies auch in der Ver­gan­gen­heit der Fall war. Es gibt und gab unter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen dar­über, was Macht ist und wie die­se zum Aus­druck kommt. Bei­spiels­wei­se kann auch Wis­sen oder die Mög­lich­keit Zeit mit Kin­dern und in der siche­ren Umge­bung der Dorf­ge­mein­schaft zu ver­brin­gen, Macht bedeu­ten oder auch ein Pri­vi­leg dar­stel­len. Aus­ser­dem ken­nen wir die gesell­schaft­li­che Rele­vanz und Bedeu­tung von Tex­til- oder Kera­mik­pro­duk­ti­on in prä­his­to­ri­schen Gesell­schaf­ten nicht im Detail. Das imma­te­ri­el­le Kul­tur­er­be, unter ande­rem bestehend aus Wert- und Norm­vor­stel­lun­gen über das Wesen der Welt und das gesell­schaft­li­che Zusam­men­le­ben und die Bedeu­tung von Macht in die­sem Gefü­ge, kann nur ansatz­wei­se erahnt wer­den und könn­te völ­lig anders gear­tet gewe­sen sein, als wir uns dies vor­stel­len kön­nen.

Ein offe­ner und trans­pa­ren­ter Umgang mit sub­jek­ti­ven und zeit­ge­nös­sisch gepräg­ten Inter­pre­ta­tio­nen auf einer tie­fe­ren geis­ti­gen Ebe­ne bzw. die Kenn­zeich­nung von his­to­ri­scher Ima­gi­na­ti­on (im Sin­ne Rein­hard Bern­becks, in: Mate­ri­el­le Spu­ren des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ter­rors. Zu einer Archäo­lo­gie der Zeit­ge­schich­te. Tran­script, Bie­le­feld 2017 ), wäre ein wün­schens­wer­ter Ansatz gewe­sen,  gera­de weil Bojs auch die The­ma­tik der Migra­ti­on in den Fokus stellt und den Aspekt der zeit­ge­nös­si­schen Prä­gung selbst betont: „Ich habe in die­sem Buch wie­der­holt betont, dass Geschichts­schrei­bung immer von ihrer Zeit geprägt wird. Im Neun­zehn­ten Jahr­hun­dert, als die Archäo­lo­gie als Wis­sen­schaft neu war, spiel­ten natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Strö­mun­gen eine gros­se Rol­le. Sol­che Prin­zi­pi­en leben in erstaun­li­che hohem Grad in der heu­ti­gen Archäo­lo­gie wei­ter, unter ande­rem in der Ter­mi­no­lo­gie. Als der Nazis­mus im zwan­zigs­ten Jahr­hun­dert auf­kam, waren Miss­deu­tun­gen von Archäo­lo­gie, Lin­gu­is­tik und Volks­tums­for­schung fun­da­men­ta­le Bau­stei­ne des Ideen­ge­bäu­des. Nicht zuletzt schwärm­ten die Nazis für frü­he Indo­eu­ro­pä­er und für Wikin­ger.“ (Bojs 2024, S.226)
Die­ses Bei­spiel ver­deut­licht sehr schön, wie stark unse­re gesell­schaft­li­che Prä­gung und damit die gän­gi­gen Wert- und Norm­vor­stel­lun­gen unser Den­ken und Han­deln beein­flus­sen.
Nichts­des­to­trotz emp­fand ich die Müt­ter Euro­pas als eine sehr span­nen­de und auch berei­chern­de Lek­tü­re. Der Inhalt ist nie­der­schwel­lig, gut geschrie­ben und erleich­tert damit Eins­tig in das The­ma DNA-For­schung,  Archäo­lo­gie und Vor­stel­lun­gen über die Geschlech­ter­rol­len. Dar­um gibt es von mir eine kla­re Kauf- oder Ausleih‑, sowie Lese­emp­feh­lung!

 

Fuß­no­ten:

(1) Der Begriff der “Venus­dar­stel­lun­gen” oder “Venus-Kunst” ist ein Über­be­griff für eine Über­ka­te­go­rie, die sich auf die Dar­stel­lung von Frau­en auf Gra­vie­run­gen, Reli­efs, Male­rei­en und voll­plas­ti­schen Frau­en­sta­tu­et­ten bezieht. Die Figu­ri­nen selbst sind aus den ver­schie­dens­ten Mate­ria­li­en gefer­tigt. Geprägt wur­de der Venus-Begriff durch den fran­zö­si­schen Archäo­lo­gen Mar­quis de Vibraye, als wäh­rend des 19 Jahr­hun­derts die ers­ten Frau­en­fi­gu­ren in Frank­reich gefun­den wur­den. Sei­nen Fund von 1864 in der Höh­le Lau­ge­rie-Bas­se – ein nack­te weib­li­che Stau­tet­te – nann­te er “Vénus impu­di­que” bzw. “unzüch­ti­ge Venus”. Dies ver­mut­lich in Anleh­nung an die römi­sche Venus oder der grie­chi­schen Aphro­di­te – die bei­de für Lie­be, Schön­heit und damit für die “pure Weib­lich­keit” ste­hen. Die Nackt­heit der Figu­ri­ne wur­de aller­dings als unan­stän­dig und unge­heu­er­lich – also unzüch­tig – emp­fun­den. Der Begriff konn­te sich für ein Lai­en­pu­bli­kum wie auch für die wis­sen­schaft­li­che Fach­welt gröss­ten­teils durch­set­zen (Röder et.al 1996, 193; Wolf 2010, 43 ) Heu­te gilt der Begriff in der archäo­lo­gi­schen Fach­welt aller­dings als umstrit­ten und wird kaum mehr ver­wen­det. Den­noch hat sich der Name der „Venus von Wil­len­dorf“ als eigen­stän­di­ge Bezeich­nung gera­de aus­ser­halb die­ser durch­set­zen kön­nen und wird nach wie vor gebraucht, wenn von die­ser Figu­ri­ne die Rede ist.

(2) Lord Colin Ren­frew | Mari­ja Redi­via: DNA and Indo-Euro­pean Ori­g­ins, unter: youtube.com/watch?v=pmv3J55bdZc&t=3759s (auf­ge­ru­fen am 21.2.2025)

 

Kontakt

c/o Muse­um Herx­heim
Unte­re Haupt­stra­ße 153
76863 Herx­heim

E‑Mail: redaktion@femarc.de
Web: www.femarc.de

Bankverbindung

Fem­Arc e.V., Spar­kas­se Han­no­ver
IBAN: DE36 2505 0180 0910 2955 65
BIC: SPKHDE2HXXX

Spen­den in jeder Höhe sind wich­tig für unse­re Arbeit und will­kom­men. Ger­ne stel­len wir eine Spen­den­be­schei­ni­gung aus.

2025 Mettmann, Neanderthal Museum: Sonderausstellung zu Neanderthalerinnen

2025 Mettmann, Neanderthal Museum: Sonderausstellung zu Neanderthalerinnen

Sonderausstellung „Stereotypes Neanderthalerin“ im Neanderthal Museum 

Gise­la Schul­te-Dorn­berg, 21.2.2025

Seit dem 23.11.2024 läuft im Nean­der­thal Muse­um in Mett­mann eine Son­der­aus­stel­lung mit dem Titel „Ste­reo­ty­pes Nean­der­tha­le­rin“. Die Aus­stel­lung soll die gän­gi­gen Kli­schees und Rol­len­bil­der auf­bre­chen und die Defi­ni­ti­on von „Rol­len“ und „Fami­lie“ hin­ter­fra­gen. Zum ers­ten Mal wer­den die bis­her in der For­schung oft miss­ach­te­ten Nean­der­tha­le­rin­nen ins Ram­pen­licht gestellt. In der Aus­stel­lung fol­gen die Besucher:innen einer von vier Nean­der­tha­le­rin­nen auf ihrem Lebens­weg. Die Audio­tex­te dazu stam­men von der Autorin Rebec­ca Wragg Sykes.
Zu der Aus­stel­lung gibt es ein brei­tes Rah­men­pro­gramm, das hier her­un­ter­ge­la­den wer­den kann.
Die Aus­stel­lung geht bis zum 31.08.2025.
Wei­te­re Infor­ma­tio­nen gibt es auf der Web­site des Nean­dert­hal­mu­se­ums

Alle Bil­der mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Nean­der­thal Muse­ums. Bild­rech­te: @Neanderthal Muse­um

Detail der Son­der­aus­stel­lung

 

 

 

Blick in die Son­der­aus­stel­lung

Besu­che­rin­nen vor Text­ta­feln

 

 

Kontakt

c/o Muse­um Herx­heim
Unte­re Haupt­stra­ße 153
76863 Herx­heim

E‑Mail: redaktion@femarc.de
Web: www.femarc.de

Bankverbindung

Fem­Arc e.V., Spar­kas­se Han­no­ver
IBAN: DE36 2505 0180 0910 2955 65
BIC: SPKHDE2HXXX

Spen­den in jeder Höhe sind wich­tig für unse­re Arbeit und will­kom­men. Ger­ne stel­len wir eine Spen­den­be­schei­ni­gung aus.

2025: Rezension David Safier: Aufgetaut

2025: Rezension David Safier: Aufgetaut

Rezension zu David Savier, Aufgetaut

oder: Warum die Steinzeitfrau Urga feministische Archäologie braucht

Oli­via Stüs­si, 21.02.2025

Beim Stö­bern in der Bücher­ecke des loka­len Second­hand Ladens, fällt mir das Buch „Auf­ge­taut“ von David Safier in die Hän­de. Der Buch­rü­cken infor­miert: „Über drei­und­drei­ßig­tau­send Jah­re war Urga zusam­men mit einem Baby-Mam­mut in einem Eis­block ein­ge­fro­ren, doch dank der Erd­er­wär­mung tau­en sie wie­der auf. Nach einem ers­ten Blick auf die moder­ne Mensch­heit wür­de die Stein­zeit­frau am liebs­ten gleich wie­der zurück ins Eis gehen. Aber Urga ist eine Kämp­fe­rin: Bevor sie auf­gibt, will sie her­aus­fin­den, ob man in die­ser höchst selt­sa­men Welt das Glück fin­den kann. Ihre Irr­fahrt führt sie von der Ark­tis über Indi­en bis nach Ita­li­en. Wird Urga das Geheim­nis des Glücks fin­den? Für sich? Für das klei­ne Mam­mut?“ Klingt span­nend, den­ke ich mir. Außer­dem fand ich den Roman „Mie­ses Kar­ma“ des sel­ben Autoren lus­tig, kurz­wei­lig in der Lek­tü­re und ange­nehm zu lesen. Ent­spre­chend gespannt war ich auf die Lek­tü­re, gera­de weil femi­nis­ti­sche The­men in der Archäo­lo­gie zu mei­nen Haupt­in­ter­es­sen gehö­ren.

Der Roman ver­sucht nicht, prä-his­to­ri­sche Rea­li­tä­ten abzu­bil­den, son­dern fokus­siert sich humor­voll auf die lie­be­voll kon­stru­ier­ten Cha­rak­te­re und deren Suche quer durch die Welt nach dem wah­ren Glück. Ohne jedoch hier groß auf den wei­te­ren Inhalt und Ver­lauf der Geschich­te ein­zu­ge­hen, möch­te ich an die­ser Stel­le auf­zei­gen, wes­halb es die For­schungs- und Auf­klä­rungs­ar­beit von Femi­nis­ti­scher Archäolog*innen braucht und wes­halb sie so wich­tig ist.

Denn in der Dar­stel­lung der Stein­zeit­frau Urga kom­men eini­ge Rol­len­kli­schees zum Vor­schein. So ste­hen da Sät­ze wie: „Urga woll­te den kräf­tigs­ten Krie­ger zu ihrem Mann machen“ und „Urga wuss­te natür­lich, wie toll­kühn ihr Unter­fan­gen war: nor­ma­ler­wei­se nah­men sich die Män­ner die Weib­chen.“. Oder mein per­sön­li­ches High­light: „… die bes­ten Jäger [kom­men] nach dem Tod zum gro­ßen Gott Grand­ning in eine wun­der­schö­ne war­me Höh­le , in der es für sie Mam­mut­fleisch in Hül­le und Fül­le gab und ihnen die schöns­ten Frau­en wil­lig zu Diens­ten waren. Die unge­hor­sa­men Frau­en hin­ge­gen kämen nach dem Tod zur Göt­tin Brund in eine kar­ge Höh­le und müss­ten sich dort von Fuss­na­gel­brei ernäh­ren.“

Doch Urga wider­setzt sich den urzeit­li­chen patri­ar­cha­len Struk­tu­ren: sie will jagen gehen, was den Stam­mes­äl­tes­ten (logi­scher­wei­se männ­lich) ent­setzt: “Ein … ein Weib­chen … auf Jagd? Der Stam­mes­äl­tes­te griff sich an die Brust. […] Doch nie­mand moch­te ihr [Urga] wider­spre­chen. Ihr Vor­satz war unge­heu­er­lich, gera­de­zu unvor­stell­bar“. Wohl­ge­merkt will Urga pri­mär jagen gehen, um ihrem Ange­be­te­ten zu bewei­sen, dass sie des­sen Lie­be mehr als wür­dig, aber auch weil sie der Über­zeu­gung ist, dass nicht nur Män­ner die­ses Pri­vi­leg besit­zen soll­ten. Wobei dies gewis­ser­mas­sen auch als femi­nis­tisch ange­se­hen wer­den kann. Doch pri­mär geht es für sie auch noch als in der Neu­zeit Auf­ge­tau­te um die Suche nach dem Glück, was in Form von Lie­be zu einem Mann dar­ge­stellt wird.

Das Erschre­cken­de war für mich gewis­ser­mas­sen die Erkennt­nis, dass sich die­se Stein­zeit-Rol­len­kli­schees von jagen­den Män­nern und Frau­en in der Höh­le (hier syn­onym für Heim und Herd) und auf der Suche nach Lie­be noch immer so hart­nä­ckig hal­ten. Sie fin­den in zeit­ge­nös­sisch-humo­ris­ti­schen Roma­nen völ­lig unhin­ter­fragt Ein­gang und wer­den dadurch immer wei­ter repro­du­ziert. Und dies, obwohl wir es doch inzwi­schen bes­ser wis­sen. Es gibt genü­gend For­schungs­ar­bei­ten – nicht nur von Mit­frau­en von Fem­Arc, son­dern von vie­len ande­ren auf der gan­zen Welt, wel­che auf­zei­gen, dass unse­re Vor­stel­lun­gen von Rol­len und Gen­der sozi­al kon­stru­iert sind. Dass das kon­ser­va­ti­ve im 18. Jahr­hun­dert gepräg­te Bild der Stein­zeit­men­schen im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes der Ver­gan­gen­heit ange­hört und nicht der­art pau­schal und kli­schee­haft in den Köp­fen der Men­schen wei­ter­le­ben soll­te. Es braucht Ver­än­de­rung und es braucht Men­schen, die dar­an mit­wir­ken und so hof­fent­lich ein neu­es akku­ra­te­res Bild von Geschlech­ter­rol­len schaf­fen. 

David Safier, Auf­ge­taut. Rowohlt Ver­lag, 2021

Kontakt

c/o Muse­um Herx­heim
Unte­re Haupt­stra­ße 153
76863 Herx­heim

E‑Mail: redaktion@femarc.de
Web: www.femarc.de

Bankverbindung

Fem­Arc e.V., Spar­kas­se Han­no­ver
IBAN: DE36 2505 0180 0910 2955 65
BIC: SPKHDE2HXXX

Spen­den in jeder Höhe sind wich­tig für unse­re Arbeit und will­kom­men. Ger­ne stel­len wir eine Spen­den­be­schei­ni­gung aus.

Wien 2025: Einladung zur FemArc Mitfrauenversammlung

Wien 2025: Einladung zur FemArc Mitfrauenversammlung

Einladung zur Mitfrauenversammlung 2025 des Vereins FemArc – Netzwerk archäologisch arbeitender Frauen e.V.

11.02.2025

Lie­be Mit­frau­en,

die Vor­stands­frau­en laden herz­lich zur nächs­ten Mit­frau­en­ver­samm­lung in Wien ein am

Sonn­tag, 16. März 2025 von 10.00 bis 13.00 Uhr

Öster­rei­chi­sches Archäo­lo­gi­sches Insti­tut der ÖAW (Öster­rei­chi­sche Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten),
Domi­ni­ka­ner­bas­tei 16, Ein­gang über Georg-Coch-Platz 2,
Vor­trags­saal 5. Stock, 1010 Wien

Mit freund­li­chen Grü­ßen
Julia K. Koch, Susan­ne Moraw, Ulri­ke Ram­bu­scheck und Cla­ra Schal­ler

Die voll­stän­di­ge Tages­ord­nung kann hier her­un­ter­ge­la­den wer­den.

Orga­ni­sa­to­ri­sches zur Mit­frau­en­ver­samm­lung

Die Mit­frau­en­ver­samm­lung wird auch als hybri­de Ver­an­stal­tung ange­bo­ten.

Anmel­dung bit­te bis zum 28.02.2025 an Kers­tin Kowa­rik unter Kerstin.kowarik@oeaw.ac.at mit der Anga­be, ob in Prä­senz oder online dar­an teil­ge­nom­men wird.

Die Anrei­se kann ab dem 14.03.2025 erfol­gen. Frei­tag- und Sams­tag­abend sind Restau­rant­be­su­che geplant.

Gäs­tin­nen sind herz­lich will­kom­men, zu den Abend­essen am Frei­tag und Sams­tag dazu­zu­kom­men und an der Mit­frau­en­ver­samm­lung am Sonn­tag teil­zu­neh­men.

 

Kontakt

c/o Muse­um Herx­heim
Unte­re Haupt­stra­ße 153
76863 Herx­heim

E‑Mail: redaktion@femarc.de
Web: www.femarc.de

Bankverbindung

Fem­Arc e.V., Spar­kas­se Han­no­ver
IBAN: DE36 2505 0180 0910 2955 65
BIC: SPKHDE2HXXX

Spen­den in jeder Höhe sind wich­tig für unse­re Arbeit und will­kom­men. Ger­ne stel­len wir eine Spen­den­be­schei­ni­gung aus.

London 2025: Ausstellung Medieval Women in der British Library

London 2025: Ausstellung Medieval Women in der British Library

“Medieval Women: In Their Own Words” -

Ausstellung in der British Library in London bis zum 2. März 2025

Hin­weis von Sibyl­le Käst­ner, 11.02.2025

Noch bis zum 2. März 2025 ist in der Bri­tish Libra­ry in Lon­don die Aus­stel­lung “Medieval Women: In Their Own Words” zu sehen. Sie stellt Frau­en aus dem mit­tel­al­ter­li­chen Euro­pa in deren eige­nen Wor­ten, Visio­nen und Erfah­run­gen vor. Die zuge­hö­ri­ge Web­site ver­mit­telt einen Ein­druck über die High­lights der Aus­stel­lung sowie in einem ani­mier­ten Kurz­film bei­spiel­haf­te Lebens­läu­fe von Frau­en wie Chris­ti­ne de Pizan, Jean­ne d’Arc und ande­ren. Auf der Web­site sind über ein Blog auch digi­ta­li­sier­te Manu­scrip­te digi­tal zugäng­lich. Wer es nicht zur Aus­stel­lung in Lon­don schafft, fin­det also auch auf der Web­site zahl­rei­che Infor­ma­tio­nen, Tex­te und Bil­der: https://www.bl.uk/whats-on/medieval-women/

Kontakt

c/o Muse­um Herx­heim
Unte­re Haupt­stra­ße 153
76863 Herx­heim

E‑Mail: redaktion@femarc.de
Web: www.femarc.de

Bankverbindung

Fem­Arc e.V., Spar­kas­se Han­no­ver
IBAN: DE36 2505 0180 0910 2955 65
BIC: SPKHDE2HXXX

Spen­den in jeder Höhe sind wich­tig für unse­re Arbeit und will­kom­men. Ger­ne stel­len wir eine Spen­den­be­schei­ni­gung aus.

2025: Matrilokalität bei Keltischen Frauen durch Genanalysen nachgewiesen

2025: Matrilokalität bei Keltischen Frauen durch Genanalysen nachgewiesen

Matrilokalität bei dem Keltischen Stamm der Durotriges durch Genanalyse nachgewiesen

09.02.2025, Bei­trag von Oli­via Stu­es­si

Gene­ti­sche Ana­ly­sen zu einem eisen­zeit­li­chen Grä­ber­feld in Dor­set Eng­land, bei dem die Daten von 55 Indi­vi­du­en erho­ben wer­den konn­ten, zei­gen span­nen­de neue Ein­sich­ten. Schrift­li­che Quel­len Anti­ker Autoren wie­sen bereits dar­auf hin, dass Kel­ti­sche Frau­en Erbin­nen von Eigen­tum waren, sich schei­den las­sen und eben­so wie Män­ner Armeen anfüh­ren konn­ten. Berühm­te Bei­spie­le dafür wären Bou­di­ca, Köni­gin der Ice­ner und Cart­iman­dua.
Die DNA-Ana­ly­sen ergän­zen nun die­ses Bild, denn dar­aus geht her­vor, dass die bestat­te­ten Frau­en sta­tio­när am Ort blie­ben und mit­ein­an­der ver­wandt waren, wäh­rend die männ­li­chen Indi­vi­du­en einen grö­ße­ren und frem­den Gen­pool auf­wie­sen, somit also mobil waren. Zu die­sem Schluss kom­men ein For­scher­team um die Gene­ti­ke­rin Lara Cass­idy von der Uni­ver­si­tät Dub­lin und den Archäo­lo­gen Miles Rus­sel von der Uni­ver­si­tät Bour­ne­mouth. 

Quel­le: Nach­zu­le­sen im NZZ Arti­kel vom 30.01.2025 “Den Frau­en gehör­te das Land: vor 2000 Jah­ren war in Bri­tan­ni­en die müt­ter­li­che Linie ent­schei­dend” geschrie­ben von Esther Wid­man unter 

https://www.nzz.ch/wissenschaft/matrilokalitaet-bei-den-kelten-in-britannien-gehoerte-das-land-den-frauen-ld.1866280123

oder im Ori­gi­nal

Cass­idy, L.M., Rus­sell, M., Smith, M. et al. Con­ti­nen­tal influx and per­va­si­ve matri­lo­ca­li­ty in Iron Age Bri­tain. Natu­re 637, 1136–1142 (2025). https://doi.org/10.1038/s41586-024–08409‑6
unter fol­gen­dem Link les­bar:
https://www.nature.com/articles/s41586-024–08409‑6

 

Kontakt

c/o Muse­um Herx­heim
Unte­re Haupt­stra­ße 153
76863 Herx­heim

E‑Mail: redaktion@femarc.de
Web: www.femarc.de

Bankverbindung

Fem­Arc e.V., Spar­kas­se Han­no­ver
IBAN: DE36 2505 0180 0910 2955 65
BIC: SPKHDE2HXXX

Spen­den in jeder Höhe sind wich­tig für unse­re Arbeit und will­kom­men. Ger­ne stel­len wir eine Spen­den­be­schei­ni­gung aus.